Die Zauberflöte - taufrisch entrümpelt
2005.09.27 05:39
Die Zauberflöte - taufrisch entrümpelt
Weihevolle Priesterchöre, die listigen Kriegerinnen der sternflammenden Königin der Nacht, Papageno, der lustige Naturmensch, Tamino und Pamina, das Paar, das geheimnisvolle Prüfungen besteht und männliches und weibliches Prinzip versöhnt - das gibt es alles natürlich auch in der neuen Inszenierung von Mozarts "Zauberflöte" am Kieler Opernhaus. In der Regie von Freo Majer wird aber aus den bekannten Grundelementen der Handlung mit vielen originellen Einfällen und konsequent eigenwillig eine neue Zauberflöte ganz frisch auf die Bühne gebracht.
Unter dem wuchtigen und schwungvollen Dirigat von Generalmusikdirektor Georg Fritzsch lässt sich auch die Partitur teilweise ganz neu entdecken. Und auch, wenn die eigentliche Zauberflöte auf der Bühne dieses Mal gar nicht zu sehen war, entfaltete die Vorstellung einen ganz ungewohnten Zauber - offensichtlich aber nicht für alle Premierenbesucher, denn in den kräftigen Applaus für die musikalische Seite mischten sich genauso kräftige Buhrufe für Regie, Bühnenbild und Kostüme.
Viel ist über die Handlung der Zauberflöte schon geschrieben worden und Aufführungsgewohnheiten aus vielen tausend Inszenierungen verdecken manchmal den Kern der Geschichte. Und so ist es auch gut, wenn das Stück in der aktuellen Inszenierung von Freo Majer noch einmal selbst befragt und von den Sängerinnen und Sängern in Gestalt des Textbuches auf der Bühne immer wieder neu zu Rate gezogen wird. Die entstehende interessante Mischung aus Distanz zu Priesterpathos, hohler Moral und gesellschaftlich überholten Aussagen ("ein Weib tut wenig, plaudert viel") und leidenschaftlicher Anteilnahme für die dargestellten Figuren ist spannend und aufschlussreich, auch wenn manche Einfälle vielleicht rätselhaft oder auch mal überdreht wirken. Der alte Papageno im Federkleid und mit Vogelkäfig wird immerhin gleich am Anfang zu Recht in den Keller geschickt.
Dass bei dieser Deutung keine weihevolle Langeweile aufkommen wird, ist schon nach den ersten Klängen der Ouvertüre klar. Georg Fritzsch nimmt die Partitur in sportlichem Tempo und das in kleiner Besetzung im hochgefahrenen Orchestergraben versammelte Philharmonische Orchester folgt ihm verlässlich und virtuos bei behutsamer Annäherung an historische Klangvorbilder. Wie sich das schnelle Tempo für die Sänger aber zum gefährlichen Hürdenlauf entwickeln kann, lässt sich dann leider bei den Arien der Königin der Nacht studieren. Ji-Young Jun beginnt mit einer eindrucksvollen Gestaltung, kann dann aber die sicher bekanntesten Koloraturen der Opernliteratur nicht aussingen. Wie ihre Spitzentöne bei einem etwas langsameren Tempo hätten funkeln können, bleibt offen.
Auf der abgesehen von Requisitenkisten weitgehend leeren Bühne von Stéphane Laimé kann die neue Bühnentechnik ihre eindrucksvolle Wirkung entfalten. Selten schien die Bühne so geräumig wie in der neuen Zauberflöte und der von Chordirektor David Maiwald gut vorbereitete Chor fügt sich mit Leichtigkeit in die Szene ein. Bemerkenswert wie es der Regie gelingt, mit humorvollen Ideen auch tausendfach gehörten Arien neues Leben einzuhauchen. Die von Johannes An klangschön und kräftig gesungene Bildnis-Arie des Tamino ist hierfür ein gutes Beispiel, genauso wie die von Mirko Janiska sympathisch gestalteten Auftritte des im wahren Sinne des Wortes erdverbundenen Naturmenschen Papageno. Ganz beim Wort genommen wird das Libretto bei der Figur der Papagena, die in Kiel jetzt doppelt als altes Weib (Marita Dübbers klangvoll auch in einer reinen Sprechrolle) und junges Geflügel (Michaela Rams) auf die Bühne kommt.
Kurzfristig eingesprungen für die Partie des Sarastro war der Kieler Bass Thorsten Grümbel, ein würdevoller Chefpriester mit Ausdauer und der nötigen Tiefe. Für die drei germanoid gewandeten Knaben (überraschende Kostüme von Dagmar Fabisch) war ein Import vom Hamburger Knabenchor St. Nicolai vorgenommen worden: Vincenz Neri, Niclas Beyer und Justus Dill mussten sich hinter den erwachsenen Sängerkollegen stimmlich nicht verstecken und werden sich in den kommenden Vorstellungen mit einem Kieler Mädchentrio abwechseln. Die drei Damen der Königin der Nacht waren mit Susan Gouthro, Claudia Iten und Marina Fideli drei Sängerinnen anvertraut, die für großen Wohlklang und Spielfreude sorgten.
Stellvertretend für die vielen weiteren kleinen Rollen in der Zauberflöte sei der Monostatos von Steffen Doberauer erwähnt. Die überzeugende Leistung des neu engagierten Sängers lässt Vorfreude auf die auf ihn zukommenden Aufgaben aufkommen. Auch auf die Pamina des langjährigen Ensemblemitglieds Heike Wittlieb konnte man gespannt sein. Wer mit ihrem komödiantischen Talent, makellosem Gesang und darstellerischer Finesse gerechnet hatte, wurde nicht enttäuscht. Schon ihre Auftritte lohnen den Besuch dieser inspirierenden und mitreißenden Zauberflöte!
Weihevolle Priesterchöre, die listigen Kriegerinnen der sternflammenden Königin der Nacht, Papageno, der lustige Naturmensch, Tamino und Pamina, das Paar, das geheimnisvolle Prüfungen besteht und männliches und weibliches Prinzip versöhnt - das gibt es alles natürlich auch in der neuen Inszenierung von Mozarts "Zauberflöte" am Kieler Opernhaus. In der Regie von Freo Majer wird aber aus den bekannten Grundelementen der Handlung mit vielen originellen Einfällen und konsequent eigenwillig eine neue Zauberflöte ganz frisch auf die Bühne gebracht.
Unter dem wuchtigen und schwungvollen Dirigat von Generalmusikdirektor Georg Fritzsch lässt sich auch die Partitur teilweise ganz neu entdecken. Und auch, wenn die eigentliche Zauberflöte auf der Bühne dieses Mal gar nicht zu sehen war, entfaltete die Vorstellung einen ganz ungewohnten Zauber - offensichtlich aber nicht für alle Premierenbesucher, denn in den kräftigen Applaus für die musikalische Seite mischten sich genauso kräftige Buhrufe für Regie, Bühnenbild und Kostüme.
Viel ist über die Handlung der Zauberflöte schon geschrieben worden und Aufführungsgewohnheiten aus vielen tausend Inszenierungen verdecken manchmal den Kern der Geschichte. Und so ist es auch gut, wenn das Stück in der aktuellen Inszenierung von Freo Majer noch einmal selbst befragt und von den Sängerinnen und Sängern in Gestalt des Textbuches auf der Bühne immer wieder neu zu Rate gezogen wird. Die entstehende interessante Mischung aus Distanz zu Priesterpathos, hohler Moral und gesellschaftlich überholten Aussagen ("ein Weib tut wenig, plaudert viel") und leidenschaftlicher Anteilnahme für die dargestellten Figuren ist spannend und aufschlussreich, auch wenn manche Einfälle vielleicht rätselhaft oder auch mal überdreht wirken. Der alte Papageno im Federkleid und mit Vogelkäfig wird immerhin gleich am Anfang zu Recht in den Keller geschickt.
Dass bei dieser Deutung keine weihevolle Langeweile aufkommen wird, ist schon nach den ersten Klängen der Ouvertüre klar. Georg Fritzsch nimmt die Partitur in sportlichem Tempo und das in kleiner Besetzung im hochgefahrenen Orchestergraben versammelte Philharmonische Orchester folgt ihm verlässlich und virtuos bei behutsamer Annäherung an historische Klangvorbilder. Wie sich das schnelle Tempo für die Sänger aber zum gefährlichen Hürdenlauf entwickeln kann, lässt sich dann leider bei den Arien der Königin der Nacht studieren. Ji-Young Jun beginnt mit einer eindrucksvollen Gestaltung, kann dann aber die sicher bekanntesten Koloraturen der Opernliteratur nicht aussingen. Wie ihre Spitzentöne bei einem etwas langsameren Tempo hätten funkeln können, bleibt offen.
Auf der abgesehen von Requisitenkisten weitgehend leeren Bühne von Stéphane Laimé kann die neue Bühnentechnik ihre eindrucksvolle Wirkung entfalten. Selten schien die Bühne so geräumig wie in der neuen Zauberflöte und der von Chordirektor David Maiwald gut vorbereitete Chor fügt sich mit Leichtigkeit in die Szene ein. Bemerkenswert wie es der Regie gelingt, mit humorvollen Ideen auch tausendfach gehörten Arien neues Leben einzuhauchen. Die von Johannes An klangschön und kräftig gesungene Bildnis-Arie des Tamino ist hierfür ein gutes Beispiel, genauso wie die von Mirko Janiska sympathisch gestalteten Auftritte des im wahren Sinne des Wortes erdverbundenen Naturmenschen Papageno. Ganz beim Wort genommen wird das Libretto bei der Figur der Papagena, die in Kiel jetzt doppelt als altes Weib (Marita Dübbers klangvoll auch in einer reinen Sprechrolle) und junges Geflügel (Michaela Rams) auf die Bühne kommt.
Kurzfristig eingesprungen für die Partie des Sarastro war der Kieler Bass Thorsten Grümbel, ein würdevoller Chefpriester mit Ausdauer und der nötigen Tiefe. Für die drei germanoid gewandeten Knaben (überraschende Kostüme von Dagmar Fabisch) war ein Import vom Hamburger Knabenchor St. Nicolai vorgenommen worden: Vincenz Neri, Niclas Beyer und Justus Dill mussten sich hinter den erwachsenen Sängerkollegen stimmlich nicht verstecken und werden sich in den kommenden Vorstellungen mit einem Kieler Mädchentrio abwechseln. Die drei Damen der Königin der Nacht waren mit Susan Gouthro, Claudia Iten und Marina Fideli drei Sängerinnen anvertraut, die für großen Wohlklang und Spielfreude sorgten.
Stellvertretend für die vielen weiteren kleinen Rollen in der Zauberflöte sei der Monostatos von Steffen Doberauer erwähnt. Die überzeugende Leistung des neu engagierten Sängers lässt Vorfreude auf die auf ihn zukommenden Aufgaben aufkommen. Auch auf die Pamina des langjährigen Ensemblemitglieds Heike Wittlieb konnte man gespannt sein. Wer mit ihrem komödiantischen Talent, makellosem Gesang und darstellerischer Finesse gerechnet hatte, wurde nicht enttäuscht. Schon ihre Auftritte lohnen den Besuch dieser inspirierenden und mitreißenden Zauberflöte!
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