La clemenza di Tito -sema
2007.06.18 14:10
So viel Milde muss bestraft werden! Den im Libretto vorgesehenen Triumph des gütigen Kaisers Titus wollte Regisseurin Aurelia Eggers bei der aktuellen Mozart-Premiere im Opernhaus nicht eins zu eins umsetzen. Ein Politiker aus der zweiten Reihe nutzt den Moment der allgemeinen Gefühlsduselei am Schluss, um die Macht an sich zu reißen. Eine Interpretation, die trotz hochklassiger musikalischer Umsetzung neben Bravos auch für kräftige Buhrufe sorgte. Dabei wird die Geschichte des milden Kaisers Titus über weite Strecken bunt, originell und unterhaltsam umgesetzt.
Die Oper, die Mozart 1791 zur Krönung des Kaisers Leopold II. zum König von Böhmen schrieb, war damals in erster Linie auch zur Repräsentation und Idealisierung des Herrschers gedacht. Kaiser Titus Vespasianus wird seine Macht von Vitellia geneidet, deren Familie einst über Rom herrschte. Vitellia will als Titus Gattin auf den Thron kommen oder Rache an Titus üben und stiftet so Titus' Freund Sesto, der in Vitellia verliebt ist, zu einem Attentat auf den Herrscher an. Titus ist tatsächlich auf der Suche nach einer präsentablen Frau, zwingt seine erste Wahl Servilia aber nicht, die gesteht, in Sestos Freund Annio verliebt zu sein. Als Titus beschließt, Vitellia zu heiraten, ist der Anschlag schon eingefädelt und die Tragödie nimmt ihren Lauf, um am Ende gegen alle Lebenserfahrung in einem Fest der Milde und Vergebung aufzugehen. So steht es jedenfalls im Libretto.
Aurelia Eggers findet in der geschichtsreichen Handlung deutliche und sinnfällige Parallelen zur Jetztzeit. Die Akteure erstarren immer wieder zu beziehungsreichen Gruppenbildern und verdeutlichen so, wie es in der Politik seit jeher zugegangen ist: Nicht nur auf die Ergebnisse kommt es an, viel wichtiger ist es, wie sie wirksam präsentiert werden! Titus ist da ganz der Medienkanzler, pardon: Medienkaiser, der sich schon mal wie einst Gerhard Schröder an Oder und Elbe in Gummistiefeln als Mann der Tat präsentiert. Auch der Verzicht auf die tugendreiche Servilia lässt sich noch als edle Handlung an die Sensationsblätter der Hauptstadt verkaufen. Wie sich die eben noch zur "Miss Virtù" ernannte Servilia vor den Objektiven der Paparazzi fühlt? Egal! Skrupel werden abgestreift wie die zur Show angelegten Gummistiefel im privaten Appartement.
Langweilig wird es dabei auf der Bühne in keinem Moment. Sängerisch und darstellerisch agil wirbeln Chor und Statisterie durch die von Norbert Ziermann eindrucksvoll konzipierte Repräsentationsarchitektur, die allerdings im Laufe der Handlung deutlichen Schaden nimmt, denn es pufft und brennt allerorten. Hier liegt auch eine der Gefahren der plakativen Regie: Wie schon bei der Vivaldi-Oper Ottone in Villa ist es doch manchmal der Action ein bisschen zuviel. Man hat förmlich Mitleid mit den Akteuren, die wieder und wieder eine tückische Schräge hinaufklettern und hinabrutschen müssen. Die unterschiedlichen Ebenen und Spielmöglichkeiten stehen dabei allerdings immer im Zusammenhang mit dem interessanten Regiekonzept, die Gefahr gepflegter Langeweile liegt bei dieser "Clemenza di Tito" fern wie selten! Und das Ensemble macht in den praktischen und schönen Kostümen von Veronika Lindner eine gute Figur.
Das gilt ganz überwiegend auch für die stimmliche Seite. Tatiana Plotnikova, die sich in der Partie der Vitellia von Kiel verabschiedet, hat anfangs noch Probleme mit den tieferen Tönen in den Rezitativen, beglückt dann aber mit federleichten Koloraturen und stimmlichen Reserven, die die Partie deutlich in die Nähe dramatischerer Rollen rücken. Als Titus, Objekt von Vitellias Hass und zugleich auch irgendwie ihrer Liebe, gastiert Tomasz Zagorski. Seinen nasal timbrierten Tenor hat er so perfekt im Griff, wie er sich in die ihm zugedachte Rolle des Medienkaisers findet. Großen Zuspruch erhält auch Marina Fideli, die ihre Arien und Szenen fulminant gestaltet, und der man die Hosenrolle des Sesto ganz selbstverständlich abnimmt. Susan Gouthro und Claudia Iten singen ein berührendes Duett Servilia/Annio und bereichern auch die Ensembleszenen präzise und klangschön. Abstriche mussten am Premierenabend einzig beim Publio von Claudius Muth gemacht werden, der mit seinem wenig fokussierten Bass einen schlechten Abend erwischt hatte.
Und über allem liegt ein äußerst differenzierter Mozartklang, der unter der Leitung von Johannes Willig aus dem Graben strömt. Zärtlich kann der sein, aber auch dramatisch, und mit einer behutsamen Annäherung an historische Klangvorbilder.
Die Oper, die Mozart 1791 zur Krönung des Kaisers Leopold II. zum König von Böhmen schrieb, war damals in erster Linie auch zur Repräsentation und Idealisierung des Herrschers gedacht. Kaiser Titus Vespasianus wird seine Macht von Vitellia geneidet, deren Familie einst über Rom herrschte. Vitellia will als Titus Gattin auf den Thron kommen oder Rache an Titus üben und stiftet so Titus' Freund Sesto, der in Vitellia verliebt ist, zu einem Attentat auf den Herrscher an. Titus ist tatsächlich auf der Suche nach einer präsentablen Frau, zwingt seine erste Wahl Servilia aber nicht, die gesteht, in Sestos Freund Annio verliebt zu sein. Als Titus beschließt, Vitellia zu heiraten, ist der Anschlag schon eingefädelt und die Tragödie nimmt ihren Lauf, um am Ende gegen alle Lebenserfahrung in einem Fest der Milde und Vergebung aufzugehen. So steht es jedenfalls im Libretto.
Aurelia Eggers findet in der geschichtsreichen Handlung deutliche und sinnfällige Parallelen zur Jetztzeit. Die Akteure erstarren immer wieder zu beziehungsreichen Gruppenbildern und verdeutlichen so, wie es in der Politik seit jeher zugegangen ist: Nicht nur auf die Ergebnisse kommt es an, viel wichtiger ist es, wie sie wirksam präsentiert werden! Titus ist da ganz der Medienkanzler, pardon: Medienkaiser, der sich schon mal wie einst Gerhard Schröder an Oder und Elbe in Gummistiefeln als Mann der Tat präsentiert. Auch der Verzicht auf die tugendreiche Servilia lässt sich noch als edle Handlung an die Sensationsblätter der Hauptstadt verkaufen. Wie sich die eben noch zur "Miss Virtù" ernannte Servilia vor den Objektiven der Paparazzi fühlt? Egal! Skrupel werden abgestreift wie die zur Show angelegten Gummistiefel im privaten Appartement.
Langweilig wird es dabei auf der Bühne in keinem Moment. Sängerisch und darstellerisch agil wirbeln Chor und Statisterie durch die von Norbert Ziermann eindrucksvoll konzipierte Repräsentationsarchitektur, die allerdings im Laufe der Handlung deutlichen Schaden nimmt, denn es pufft und brennt allerorten. Hier liegt auch eine der Gefahren der plakativen Regie: Wie schon bei der Vivaldi-Oper Ottone in Villa ist es doch manchmal der Action ein bisschen zuviel. Man hat förmlich Mitleid mit den Akteuren, die wieder und wieder eine tückische Schräge hinaufklettern und hinabrutschen müssen. Die unterschiedlichen Ebenen und Spielmöglichkeiten stehen dabei allerdings immer im Zusammenhang mit dem interessanten Regiekonzept, die Gefahr gepflegter Langeweile liegt bei dieser "Clemenza di Tito" fern wie selten! Und das Ensemble macht in den praktischen und schönen Kostümen von Veronika Lindner eine gute Figur.
Das gilt ganz überwiegend auch für die stimmliche Seite. Tatiana Plotnikova, die sich in der Partie der Vitellia von Kiel verabschiedet, hat anfangs noch Probleme mit den tieferen Tönen in den Rezitativen, beglückt dann aber mit federleichten Koloraturen und stimmlichen Reserven, die die Partie deutlich in die Nähe dramatischerer Rollen rücken. Als Titus, Objekt von Vitellias Hass und zugleich auch irgendwie ihrer Liebe, gastiert Tomasz Zagorski. Seinen nasal timbrierten Tenor hat er so perfekt im Griff, wie er sich in die ihm zugedachte Rolle des Medienkaisers findet. Großen Zuspruch erhält auch Marina Fideli, die ihre Arien und Szenen fulminant gestaltet, und der man die Hosenrolle des Sesto ganz selbstverständlich abnimmt. Susan Gouthro und Claudia Iten singen ein berührendes Duett Servilia/Annio und bereichern auch die Ensembleszenen präzise und klangschön. Abstriche mussten am Premierenabend einzig beim Publio von Claudius Muth gemacht werden, der mit seinem wenig fokussierten Bass einen schlechten Abend erwischt hatte.
Und über allem liegt ein äußerst differenzierter Mozartklang, der unter der Leitung von Johannes Willig aus dem Graben strömt. Zärtlich kann der sein, aber auch dramatisch, und mit einer behutsamen Annäherung an historische Klangvorbilder.
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