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  • Smetanas "Die verkaufte Braut" liebevoll wiederbelebt

    2006.09.19 13:11

    석찬일 조회 수:2169 추천:20



    Kiel – Den tschechischen Humor durchweht immer ein Hauch von Melancholie und Groteske. Friedrich Smetanas "komische Oper" Die verkaufte Braut macht da wahrlich keine Ausnahme. Das Opernhaus Kiel ist unter neuer Leitung durch Generalintendant Daniel Karasek mit dem Bühnen-Hit aus Prag erfolgreich in die Saison gestartet. Zu sehen ist keine spektakuläre Neuinterpretation, aber doch eine liebevoll genaue Wiederbelebung auf Deutsch.

    Das hat sich der geschniegelte Kleinstadt-Mittelständler Kecal wahrlich anders vorgestellt. Den schnellen Dukaten vermag er auf dem flurbereinigten Siedlerhof von Bauer Krusina mit seinen Ehevertrag-Kungeleien nicht zu machen. Denn hier, irgendwo zwischen gestern und heute, hat Bauernschläue die alte Stallgeruch-Dümmlichkeit weggefegt, haben Töchter inzwischen Latzhosen an und lassen sich große Jungs auch nicht mehr mit Schnaps übertölpeln.

    Der Regisseur Johannes Koegel-Dorfs ist zwar in Kiel weit entfernt davon, Smetanas Braut auf links zu drehen, und bietet Genusssüchtigen genügend museale Polka-Seligkeit. Doch erlaubt er dem phantasievoll typisierten Kostümfest (Gabriele Jaenecke) kaum den Muff der hundert Fundusjahre. Auch interessiert er sich sehr eindringlich für die Charaktere, die zudem noch stimmlich äußerst profiliert auftreten.

    Da ist vor allem dieser Versicherungsfritze Kecal, den "Heimkehrer" Matthias Klein nun als starker Gast von der Deutschen Oper Berlin überragend stimmschauspielerisch zeichnet – weitab vom polternd gemütlichen Bassbuffo-Klischee, mit trennscharf fokussierten Tönen in Höhe und Tiefe, wunderbar verschlagen, mehr und mehr gestresst und schließlich völlig entsetzt. Denn in dem zähen Hans, der seine geliebte Braut Marie nur zum Schein verscherbelt, findet er seinen Meister. Auch wenn Johannes An in der Diktion von Kurt Honolkas deutschem Textbuch und in der Tongenauigkeit nicht ganz mit ihm mithalten kann, ist er als Hans eine kernig gute Besetzung. Dass er seine Marie im Blick behält, lässt sich leicht nachvollziehen, denn Susan Gouthro bezaubert mit lyrisch warmherzigen Zwischentönen, schönen Sopranspitzen und viel Bühnentemperament. Vom Bauerntrampel oder der dramatischen Opernheroine ist sie dabei wohltuend weit weg.

    Generalmusikdirektor Georg Fritzsch, befreit von administrativen Aufgaben als Interims-Opernchef, und die Kieler Philharmoniker tragen das Ihre dazu bei, dass Smetanas Orchesterpartitur schlackenfrei duftig klingt und mit Esprit die Sänger und den untadeligen Chor (Einstudierung: David Maiwald) trägt. Das bekommt man in den touristisch konfektionierten Serien-Aufführungen im Prager Nationaltheater sehr viel wuchtiger, aber eben auch ölverschmierter zu hören. Sieht man von ohnehin schon glanzvollen Momenten wie der trocken rasant abgeschnurrten Ouvertüre ab, fehlt es am Kleinen Kiel nun nur noch an blindem Verstehen und entsprechend ruckelfreiem Kontakt zwischen Graben und Bühne.

    Der demonstrativ provokationslosen Regiearbeit darf man positiv anrechnen, dass die Figuren und Situationen mit einem Lächeln ernst genommen sind und so das Komische einen melancholischen Unterton erhält oder Situationen (zumindest leicht) ironisch gebrochen werden. Als hübsche kleine Hommage an Wagners Meistersinger entgleist beispielsweise ein Dielen-Tänzchen zur handfesten Prügelszene zwischen Schlipsträgern und Stiefelknechten. Schade, dass dieser soziologisch brisante Gegensatz später nur noch durchschimmert, wenn sich die Bauern (Heike Wittlieb, Jörg Sabrowski) und die Grundbesitzer (Gerda Kosbahn, Hans Georg Ahrens) in schön austarierten Gesangsensembles als Gegenschwiegereltern beschnuppern.

    Ausgesprochen "tschechisch" wird es, wenn Koegel-Dorfs den Bühnenrealismus ins Groteske kippen lässt und Bühnenbildner Andreas Auerbach dafür seine Jenufa-Bretterscheune perspektivisch verzerrt weitet. Da gerät dann der anrührend verträumt gezeigte Außenseiter Wenzel in den Bann einer skurrilen, aber für ihn besseren Parallelwelt: die Welt des schönen Theaterscheins, in der gestelzt komödiantische Direktoren (mit fast dämonischer Präsenz: Martin Fleitmann) und vielfältig lockende Traumtänzerinnen (Michaela Rams) die Erdenschwere aufheben. Steffen Doberauer, im allerbesten Sinne ein Spieltenor, möchte man da gerne die Krone des Abends überreichen, denn er singt die (gefürchteten!) Stotter-Arien des Wenzel perfekt und enorm ausdrucksstark. Durch ihn lassen Schwejk und Broucek grüßen. Und man wäre nicht verwundert, wenn er sich auf offener Bühne vom Bären auch noch in einen Kafka-Käfer verwandeln würde.

    Friedrich Smetana: "Die verkaufte Braut". Oper Kiel. Regie: Johannes Koegel-Dorfs; Bühne: Andreas Auerbach; Kostüme: Gabriele Jaenecke; Musikal. Leitung: Georg Fritzsch. Termine: 30. September sowie 7., 13., 18. und 27. Oktober (jew. 20 Uhr); weitere Termine ab Dezember. Karten: 0431 / 901 901 http://www.theater-kiel.de

    Von Christian Strehk
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